Samstag, 29. Dezember 2012

From Hell: Chapter Two: A state of darkness

Hallo Comicfreunde,

es geht weiter mit meiner "From Hell" Serie. Nach längerer Pause widme ich mich heute Kapitel Zwei "A state of darkness". Da dieses Kapitel fast doppel so lang ist wie das erste, werde ich es aufteilen in zwei Posts. Zum Glück ist es inhaltlich auch separierbar und diese Unterteilung bricht die Struktur nicht allzu sehr auf.

Die erste Seite stellt verschiedene Punkte aus dem Leben von William Gull dar. Beim ersten Lesen wirken sie wie Flashbacks und ergeben keinen Sinn für den Leser. Vollständig erleuchtet wird man erst nach dem kompletten Kapitel, aber das soll uns nicht stören es getrennt zu betrachten. Besonderes Augenmerk sollte man auf die vier Eckpanels mit den "What is the fourth dimension?" Sprechblase legen. Hier wird ein optischer und inhaltlicher Rahmen gesetzt, den wir aber erst im zweiten Teil des Kapitels behandeln werden.

Die folgende Doppelseite ist ein Weg aus der Dunkelheit hinein in die "Erleuchtung" oder Zukunftsfindung des jungen William. Es werden die Ursprünge, die innere Einstellung und die Gottesfürchtigkeit von William dargestellt. Eine herausstechende Zeile ist "Something that flows like the ocean... something salt, and old" als Beschreibung für den Wunschgegenstand seiner Arbeit. Und final sein Wunsch nach einer großen Aufgabe, die von ihm alles abverlangt und vor Gott und ihm selbst den Wert seines Daseins rechtfertigt. Sukzessiv werden hier Akzente gesetzt, die retrospektiv betrachtet Grundsteine der Jack the Ripper Geschichte werden. Mehr und mehr kommt man in die Verlegenheit, jedes Panel genau zu betracheten und zu analysieren, um keinen Hinweis oder leichte Anspielung zu übersehen.(Was mir garantiert nicht gelungen ist)

Darauf folgt der Tod seines Vaters. Es ist vermutlich Williams erste Begegnungen mit dem Tod und sein Umgang mit der Leiche des Vaters veranschaulicht seine Unbefangenheit mit dem morbiden Thema. Im Hintergrund wird das Binnenschifffahrtsgeschäfts des Vaters besprochen und die weitere Zukunft der Witwe sowie ihres Sohnes erörtert. Die Szene fängt auch das Kindhafte und die Schüchternheit Williams ein und plaziert ihn in ein wohl situiertes Umfeld mit guter Erziehung. Es folgt ein Umzug in die Nähe des Guy's Hospitals. Dort wird in einer wunderbaren symmetrischen Montage über zwei Seiten die Zukunft von William parallel auf zwei Arten dargestellt. Das Gespräch zwischen Rector Harrison und Mrs. Gull beschäftigt sich mit der Ausbildung von William und die abwechselnden Panels zeigen, aus Williams Sicht, wie er eine Ratte systematisch auseinander nimmt. Beide Wege stellen die Weichen für Williams Zukunft und man spürt förmlich wie die Zahnräder aus seltsam ausgerichteten Forschungsdrang und den zufälligen Ereignissen und Entscheidungen seiner Umwelt ineinandergreifen und das Schicksal formen.

Auf der nächsten Seite wird William von Mr. Harrsion, der Vater von Rector Harrison, sehr gelobt und er stellt Williams Leistungen in der Klinik über die letzten Jahre heraus und läd ihn ein den Freimaurern beizutreten. Die letzten beiden Panels sind besonders interessant. Hier erklärt Harrsion dass William sich diverse Gebräuche aneignen muss um dem Orden beitreten zu dürfen; unteranderem gewisse Handschläge. Der beschließende Händedruck ist mit Blut besudelt und symbolisiert den dunklen Stern unter dem diese Mitgliedschaft von vornherein steht.

Die folgende Initialisierung als Freimaurer ist weitgehends unspektakulär. Hier wird mit dem Begriffen der Dunkelheit, dem "state of darkness" und der daraus zwingend folgenden Illuminierung durch den Orden gespielt. Es ist der grobe Rahmen für das Kapitel und läst auch einen direkten Verweis auf die Tunnelfahrt des jungen Williams zu. Offensichtlich hat Moore viel Wert auf den Ritus gelegt und ihm viel Platz eingeräumt. Die Mitgliedschaft Williams im Freimaurerorden ist der entscheidende Aspekt wieso er später in die Ereignisse hineingezogen wird, die noch kommen werden.

Ein weiterer Zeitsprung bringt uns zum dreizigjährigen William. Er wird von einem Kollegen, James Hinton, besucht und von ihm beglückwünscht zu einen seiner vielen Preise die er gewonnen hat. Sie  absolvieren zusammen eine Visite bei den geistisch verstörten Frauen im Hospital. Sie sprechen über die tiefgreifenden Störungen und deren Irreversibilität. Die dort aufkommende Analogie zu Wasser, Dampf und Feuer [purifying spirit of fire] entspricht auch wieder dem wiederkehrenden Thema der Erleuchtung. Zudem wird auf den durch Syphilis auftretenden Abbau des Rückenmarkes eingegangen, was zu demenzartigen und degeneriertem Verhalten führt. Dies ist besonders erwähnenswert da William Dull sich sehr intensiv mit diesem Symptom der Krankheit auseinander gesetzt hatte.

Die letzte Seite des ersten Teils dieses Kapitels beschäftigt sich mit dem offensichtlich ersten sexuellen Zusammentreffen zwischen William und seiner Frau Susan. Es ist durchtränkt mit der Furcht und Unsicherheit Susans und es gipfelt im Ausbleiben des Verkehrs. Das letzte Panel ist eine Wiederholung aus vorangegangenen Panels und auch ein Element aus der Fahrt im Tunnel mit der Barke und schließt somit einen Kreis der Zurückhaltung Williams.

Hier werde ich nun das zweite Kapitel aufteilen und den kommenden Post hoffentlich auch schon in naher Zukunft in Angriff nehmen. Leider benötigt, gerade so ein Graphic Novel wie "From Hell", viel Zeit und intensives Lesen um adäquate Beiträge zu schreiben. Ich hoffe ihr seht mir die niedrige Kadenz der Posts in der "From Hell"-Reihe nach. Doch bis dahin viel Spass beim Comiclesen!

Gruß Andy